Es ist verdammt ernst! Video von Fridays for Future. Berlin
Fridays for Future in Berlin. Mehr als 20.000 Jugendliche am Brandenburger Tor.
Ich habe als Mobile Journalist vier junge Mädchen begleitet. Und bin tief berührt.
Report von Sibylle Trost, 29. März 2019, Berlin. #sibylletrostberlin #sibylletrostjournalism #sibylletrostmedia #mojoberlin
Sie singen. Wie wir damals. Nur ihre Texte sind andere. Hurra, diese Welt geht unter!
Mitte 50. Weiß. Gierig und träge. Sind wir das: die Leute, die den jungen Generationen eine abgerockte Welt vorsetzen? Ausgebeutet, abgewirtschaftet, voller Müll. Plastikmüll, CO2, Atommüll. Eine Welt, vor der 5- bis 18-Jährige Angst haben. Eine Welt ohne Zukunft. Denn: „There is no Planet B.“
Naturkatastrophen, Wirbelstürme, strandende Wale. Nicht Heimatkunde mit Butterblumen.
Die Generation unserer Kinder wird seit der ersten Klasse beschallt mit sorgfältig farbkorrigierten Dokumentationen über Jeanshosen in Asien, Kindersoldaten, Sklavenarbeit, über gestrandete Wale, ertrinkende Afrikaner, weiße Männer, die Vernichtungssysteme verkaufen, autonome Waffendrohnen, Nuklearunfälle, über Businessleute in schwarzen Anzügen, schwafelnde Politiker, über Pole, die schmelzen, Naturkatastrophen, Wirbelstürme. Ist das nicht zum Aufschrecken in der Nacht? Mit welchen Inhalten sind die Alten in der Grundschule groß geworden? Heimatkunde mit Butterblumen. Sollten wir uns nicht bedanken, dass uns die Schülerinnen und Schüler aus der Fettleibigkeit unserer Gehirne treiben?! „Mit Abschalten ist nicht euer Gehirn gemeint!“, zeigt ein handgeschriebenes Plakat.
„There is no Planet B.“
„Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“ An diesem Freitag ziehen rund 25.000 Kinder und Jugendliche durch Berlin an den Hauptstadtstudios der öffentlich-rechtlichen Sender vorbei, an den Büros aller Parteien des Bundestags bis zum Brandenburger Tor. Hier warten sie auf Greta Thunberg, die Ikone einer Protestbewegung, wie es sie in Deutschland nach der Wiedervereinigung nicht gegeben hat. Vor dreißig Jahren stürmten Jugendliche die Mauer. Heute stehen Jugendliche vor dem Brandenburger Tor. Es ist die Wut der Jungen, die eine Gesellschaft nach vorne treibt. Vereinzelt faltige Menschen, Omas, Opas, Eltern. Wofür haben sie mit Dreizehn oder Vierzehn gekämpft?
Greta sagt: „They just pat on our heads, saying ‚everything will be fine, don´t worry’.
Greta Thunberg ist nun am Brandenburger Tor angekommen. Noch im Zug hat sie ein Foto gepostet. 180.000 Likes. Sie spricht über uns. Die Generation der Eltern, die gerne „don´t worry“ sagt, die es geschafft hat, die Erde als einen Schrotthaufen der Zivilisation zu hinterlassen. Greta sagt: „They just pat on our heads, saying ‚everything will be fine, don´t worry’. But we should worry. We shold panic, and by panic I don´t mean running around screaming. By panic I mean stepping out of our comfort zone, because when you are in a crisis, you change your behaviour. I once again want to thank you all for being here again. We are sharing a common goal: We want a future, is that too much to ask for?!“
Muss die posttraumatische Sattheitsstörung aller Babyboomer der Sechziger von der Kasse behandelt werden?
„Climate Justice – Now!“, skandieren die Jugendlichen mit klaren Gesichtern. „Ja, wir können etwas tun!“ Und die Alten? Sind sie in eine Hypnose des Kapitalismus gefallen, in eine Amnesie der Sonderangebote? Hallo, aufwachen! Plastik sammeln in die gelbe Tonne reicht nicht. Muss die posttraumatische Sattheitsstörung aller Babyboomer der Sechziger von der Kasse behandelt werden?
„Verlasse die Erde so, dass sie nach dir für sieben Generationen ein fruchtbarer Ort ist.“
Ein indianisches Sprichwort sagt: „Verlasse die Erde so, dass sie nach dir für sieben Generationen ein fruchtbarer Ort ist.“ Sieben Generationen statt keiner.
„Unsere Kinder sind unsere Zukunft“ – ein Werbeslogan des deutschen Solidarprinzips?
Ich habe vier Teenager beim FridaysForFuture Marsch in Berlin begleitet. Ich habe sie schmunzeln gesehen, lachen, hüpfen, rufen, und ich habe sie auch sehr nachdenklich gesehen, den Kopf zum Straßenpflaster gebeugt.
Wo, frage ich mich, ist eigentlich der Satz geblieben: „Unsere Kinder sind unsere Zukunft“? Nur ein Werbeslogan des deutschen Solidarprinzips? Während wir so weiter reden-palavern-labern-debattieren statt zu handeln, glaube ich kaum, dass unsere Kinder ohne Zukunft für uns die Rentenkassen füllen werden, damit wir es uns auf Fuerte oder Malle so richtig bequem machen können (wie die Kriegsgeneration unserer Eltern, aber die haben zumindest…) nach all dem anstrengenden Konsumieren.
Hallo, aufwachen! Mitte 50. Weiß. Gierig und träge. Sind wir das?
Report von Sibylle Trost, Journalist, Berlin
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